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Whiskey Lullaby Page 14
Whiskey Lullaby Read online
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»Ist sonst noch etwas verletzt?«, fragte er.
»Nur mein Stolz. Sie ist viel schwerer als sie aussieht.« »Ja, aber du hast ihr ein paar ganz nette Faustschläge verpasst, bevor du betäubt wurdest. Sie hat mindestens ein blaues Auge und aus ihrer Nase lief das Blut wie aus einem Wasserhahn. Sehr unattraktiv.« »Du sagst das nur, um mich zu trösten«, sagte ich lächelnd. »Was meinst du eigentlich mit ,ich wurde betäubt‘? Willst du damit sagen, ich wurde getasert?« »Nun schau mich nicht so an. Ich war es nicht. Es war die einzige Möglichkeit, euch zu trennen und den Kampf zu beenden. Ihr habt mit Schokoglasur aneinandergeklebt und du hattest ihre Haare im Klammergriff.« Nick schüttelte sich bei der Erinnerung.
»Ich fiel zweimal auf den Hintern bei dem Versuch, dich zu erreichen. Eine der Streifenpolizistinnen zog einen Taser aus ihrer Handtasche und erwischte euch beide.« »Ich nehme an, das erklärt den Erinnerungsverlust.« »Schätzchen, du kannst von Glück sagen, dass du dich an nichts erinnerst. Die Leute werden noch Jahre lang darüber reden.« Ich holte eine Tasse aus dem Schrank und schenkte mir Kaffee ein. Nick hatte Zucker und Milch stehen lassen, also tat ich von beidem etwas in meinen dampfenden Kaffee und räumte sie dann weg. Er hatte zumindest den Anstand bewiesen, seine Cornflakes-Schüssel auszuspülen und kopfüber ins Spülbecken zu stellen. Ich schüttete den Kaffee im Stehen in mich hinein und die Spinnweben in meinem Hirn lichteten sich ein bisschen. Es war etwas anders in meiner Küche, aber ich wusste nicht, was. Dann kam ich drauf. Milch und Zucker. Cornflakes. Ich hatte etwas zu essen.
»Wo kommen die Cornflakes her?«, fragte ich. Seit ich angefangen hatte, für Kate zu arbeiten, hatte ich noch keine Zeit gehabt, Lebensmittel einzukaufen. Ich hoffte nur, dass Nick nicht die Nachbarn um Lebensmittel angegangen war. Meine Mutter hatte sicher in den letzten vierundzwanzig Stunden schon genug Anrufe über mich bekommen.
»Ich hab heute früh das Notwendigste eingekauft«, sagte Nick, ohne von der Zeitung aufzublicken.
Ich öffnete Kühlschrank und Vorratsschrank und sah nach, was Nick für das Notwendigste hielt. »Zwei Brote, Vollmilch, Fertignudeln mit Käse, geröstete Schweineschwarten, Dörrfleisch, Bier, Chips und Frosties. Gut, dass du dich so ausgewogen ernährst.« »Meinst du etwa, ich hätte eine so mannhafte Statur von ein bisschen Obst und Gemüse?« »Hmmm«, sagte ich, und füllte mir selbst eine Schüssel mit Frosties. »Du musst mir da ein paar Dinge erklären.« »Zum Beispiel?«
»Nun, erstens hast du gesagt, du brauchst meine Hilfe, um den Mord an Herrn Butler aufzuklären und dann sagst du mir nichts darüber. Und dann hast du gestern Abend die Bombe platzen lassen, Greg sei im The Foxy Lady gewesen, als Herr Butler umgebracht wurde. Willst du mir das nicht erklären?« »Irgendwann einmal. Aber zuerst will ich etwas über die hier erfahren.« Er leerte eine großen braunen Umschlag voller Fotos auf den Tisch. Sie hatten alle eins gemeinsam. Ich war auf jedem Bild.
»Wo hast du die her?«, fragte ich. Mir war die Spucke im Mund erstarrt und ich konnte nur krächzen.
»Sie klebten an deiner Tür, als ich heute Morgen vom Einkaufen wiederkam.« Ich ging die Fotos durch. Es gab Aufnahmen, die mich am Ausgang des Yoga-Kurses zeigten und auf dem Lehrerparkplatz. Auf einem Bild kam ich nach dem sonntäglichen Mittagessen aus dem Haus meiner Mutter und auf einem saß ich mit Kate und Mike beim Abendessen in einem Restaurant in Savannah. Ich versuchte, sie mir emotionslos anzuschauen, aber innerlich war mir zum Kotzen.
»Ist das hier das erste Mal, dass jemand Fotos hinterlässt?«, fragte Nick.
Ich krümmte mich innerlich, denn ich wusste, dass ihm meine Antwort nicht gefallen würde. »Nicht ganz«, sagte ich.
Ich kramte in meiner Tasche nach dem Bild, das an meinem Autofenster geklebt hatte, und gab es Nick. »Ich bin auch angerufen worden«, sagte ich und ließ den Anrufbeantworter laufen.
Nick hörte sich die gesamte Nachricht wortlos an, aber sein Gesicht wurde finster und sah schließlich aus wie eine Gewitterwolke.
»Um Himmels willen, Addison. Bist du nie auf den Gedanken gekommen, dass diese Nachricht von einem Mörder stammen könnte? Und jetzt ist er hinter dir her.« »Wenn du das so sagst, klingt es viel schlimmer als das, was ich mir überlegt habe. Ich dachte, es sei nur so eine Art Streich.« Ich kaute an meiner Unterlippe, während ich überlegte. »Herr Butler hat dieses Foto mit seinem Handy gemacht, als ich auf der Bühne war. Ich habe es gesehen. Aber jemand hat es nach dem Mord an mein Autofenster geklebt. Wenn Greg im The Foxy Lady war, meinst du, er könnte Herrn Butler umgebracht und das Foto hier hinterlassen haben?« Nick sah alle Fotos durch und ich konnte sehen, wie sein Polizistenhirn methodisch die Fakten ordnete. »Das ist nicht auszuschließen«, sagte er.
Nick griff nach einer schwarzen Stofftasche und ging sie durch. Er zog einen mit Luftpolsterfolie gefütterten Umschlag hervor, dem er eine DVD entnahm. »Ich habe hier die Überwachungsvideos aus dem The Foxy Lady und möchte, dass du sie dir anschaust. Du scheinst die einzige Verbindung zwischen dem The Foxy Lady, Bernard Butler und Greg zu sein und vielleicht kannst du etwas erkennen, das mir entgangen ist. Ich weiß hier einfach nicht weiter.« »Oh, vielen Dank. Freut mich, dass du meine Hilfe in Anspruch nimmst, wenn du nicht weiterweißt. Ich bin nämlich nicht völlig inkompetent, weißt du? Ich spiele sogar mit dem Gedanken, mir eine echte Detektivlizenz zuzulegen.« »Gott bewahre uns alle davor«, sagte Nick mit einem Lächeln. »Sorg bloß dafür, dass du gut gegen Personenschaden versichert bist. Seit du mit dem Job begonnen hast, ist ja nicht gerade alles glänzend gelaufen.« »Das muss ich mir von dir nicht sagen lassen. Du bist derjenige, der meine Hilfe braucht. Und damit du siehst, wie gut ich im Team arbeite, schlage ich dir einen Tausch vor.« »Da bin ich aber gespannt.«
»Ich helfe dir bei deinem Fall, wenn du mir bei einem von meinen hilfst. Ein fairer Tausch.« »Du meinst, es ist ein fairer Tausch, wenn ich dir bei deiner Amateur-Detektivarbeit helfe, und du hilfst mir bei der Ermittlung in einem Mordfall? Du bist wohl nicht ganz bei Trost.« »Du hast wohl Angst, dass ich dir mehr helfen kann als du mir. Für einen Inspektor wäre es ja ziemlich peinlich, von einer Geschichtslehrerin in die Tasche gesteckt zu werden.« »Ha! Addison, du bist so leicht zu durchschauen. Du meinst, das du deinen Fall nicht alleine lösen kannst, während ich weiß, dass ich meinen lösen kann, auch wenn es ohne deine Hilfe ein bisschen länger dauern würde.« Ich wollte nicht zugeben, dass er recht hatte, also warf ich ihm einen Blick zu, auf den jeder Pokerspieler stolz gewesen wäre.
»Also, hör zu«, sagte er. »Ich werde dir helfen. Aber ich habe zwei Bedingungen.« Ich verdrehte die Augen. »Ich habe dir schon gesagt, dass ich nicht mit dir schlafen will, also kannst du das gleich außen vor lassen.« »Nein, du hast gesagt, du willst keinen Ablenkungssex mit mir. Aber ich hätte gerne ein Date mit dir. Späterer Nicht-Ablenkungssex nicht ausgeschlossen.« »Das ist Erpressung«, sagte ich empört.
»Alles oder nichts«, sagte er mit einem herausfordernden Grinsen. »Deine Brustwarzen sind steif, daher gehe ich davon aus, dass der Gedanke an eine gemeinsame Nacht mit mir dir nicht gänzlich zuwider ist.« »Es ist kalt hier«, sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Lügnerin.«
»Ok, abgemacht.« Ich nahm ihm die Überwachungs-DVD aus der Hand und ging hinüber zu meinem 52-Zoll-Fernseher.
»Du steckst so voller Widersprüche.« Mit der Fernbedienung in der Hand lehnte er sich auf der Couch zurück und ich setzte mich neben ihn. »Du hast diese tolle elektronische Ausstattung, schicke Möbel und einen heißen Schlitten. Warum um alles in der Welt wohnst du nur in einer solchen Bruchbude?« »Die Miete ist billig und so kann ich mir fast all die anderen netten Sachen leisten. Sag mir, auf was ich achten soll.« Nick drückte auf Play und der Bildschirm teilte sich in sechs Kästen, jeder mit der Nummer einer Sicherheitskamera. Nick holte Kamera Eins auf den großen Bildschirm.
»Hier kommt dein Ex kurz nach 12 Uhr Mittags alleine herein. Er macht es sich in einer Sitzecke gemütlich und bestellt einen Drink. Dann geht sein Blick fast eine halbe Stunde lang ungeduldig zwischen seiner Uhr und der Tür hin und her.« Nick spulte ein paar Sekunden lang vor.
»Hier haben wir eine unbekannte Frau, die um Viertel vor eins auftauchte. Keine der Kameras hat ihr Gesicht aufgenommen. Sie kommt problemlos an dem Rausschmeißer vorbei, schließlich trägt sie eine Serviette als Schürze und stellt alles, was sie hat, gut zur Schau. Auf dem ganzen Weg zur Sitzecke hält sie den Kopf gesenkt und setzt sich dann neben deinen Ex.« »Also trifft Veronica sich mit Greg in einem Striplokal zu einem kleinen Techtelmechtel und sie ist gekleidet wie ein Flittchen. Was gibt es sonst Neues?« »Schau dir das Video genau an. Die sieht nicht aus wie die Frau von gestern Abend.« Ich betrachtete die schattige Aufnahme eingehend. »Die Frau hat kleinere Brüste als Veronica«, sagte ich automatisch. Und dann musste ich nach Luft schnappen, denn das hieß, dass Greg Veronica genauso betrog wie er mich betrogen hatte. »Dieser erbärmliche Halunke. Zumindest kann ich mir jetzt nicht mehr vorwerfen, dass es vielleicht an mir lag, wenn er fremdging. Scheinbar ist er halt bloß ein geiler Specht.« Nick lächelte und ließ das Video weiter vorlaufen. »Kannst du sie erkennen?« Ich sah genauer hin, aber ohne das Gesicht zu sehen, war es schwierig. »Leider nicht. Sie sieht irgendwie neutral aus. Sie könnte eine Hure sein oder eine, die Greg bei einem Versicherungskongress kennengelernt hat. Warum fragst du nicht Greg, wer sie ist?« »Würden wir gerne, aber Greg hat die Stadt letzten Sonntag verlassen und ist erst kurz vor dem Galaabend gestern zurückgekommen. Veronica sagte uns, er sei am Sonntag Morgen zu einem Kongress nach New York geflogen, aber wir haben bei keiner Fluggesellschaft einen Flug auf seinen Namen gefunden.« »Vielleicht hat er sich die Woche freigenommen, um sie mit seiner neuen Geliebten zu verbringen.« »Kann sein. Oder vielleicht war er auf der Flucht, aber musste zurück nach Whiskey Bayou kommen, um ein paar Dinge zu erledigen. Schließlich hat er ein Büro hier und noch ein paar verbliebene Kunden. Wie dem auch sei, wir werden es herausfinden«, sagte er. »Wie du siehst, war die Sitzecke fast völlig im Schatten und sie sind sehr rasch zur Sache gekommen. Die Sicherheitsleute in der Bar konnten nicht genau sehen, was die Frau machte, aber der Sicherheitsmann an der Kamera hat seine Freude gehabt.« »Du lieber Himmel.« Das hat sie mit ihm in der Öffentlichkeit gemacht?«, fragte ich. Es war mir nicht ganz geheuer, mir zusammen mit Nick dieses Video anzuschauen, das praktisch in Porno ausartete. »Okay, vielleicht kannst du es ein bisschen vorlaufen lassen.« »Feigling.« Nick packte mich im Nacken und drückte dann einen Knopf, um eine andere Aufnahme auf den Bildschirm zu holen. »Während Greg von der Unbekannten versorgt wurde, sehen wir hier deinen Vorgesetzten mit der Laptänzerin. Die junge Dame, die ihn hier bedient, hat ihren Namen offziell in Destiny Dollar umschreiben lassen, als sie vor zwei Monaten achtzehn wurde.« Ich sah, wie Destiny sich um Herrn Butler herum wand und schüttelte und fragte mich, wie er mit all dem Fleisch und den Federn vor ihm noch auf die Bühne achten konnte.
Nick hielt die DVD an. »Hier hat Butler dich auf der Bühne bemerkt«, sagte er lachend.
»Ist das peinlich«, murmelte ich. Ich war froh, dass Nick die Bühnenkamera nicht aufrief. Ich wusste, dass er die Aufnahmen gesehen hatte, aber ich konnte gut damit leben, die Szene nicht noch einmal zu durchleben.
Nick ließ etwas weiter vorlaufen und stoppte wieder. »Hier hast du die Bühne verlassen und Destiny merkt, dass Butler kein Interesse mehr hat, also nimmt sie sein Geld und geht zum nächsten Kunden. Butler wankt von seinem Stuhl zur Toilette und kommt an Gregs Tisch vorbei, wo Greg wieder alleine sitzt. Sie bemerken sich beide nicht, oder sie tun zumindest so. Aber sieh mal«, sagte Nick und hielt die DVD nochmals an. »Butler kommt wie ein geölter Blitz aus dem Flur mit den Toiletten geschossen. So als hätte er etwas gesehen, das nicht für ihn bestimmt war. Dann macht er sich ab durch die Vordertür auf den Parkplatz. Greg schaut erneut auf die Uhr und wirft Geld auf den Tisch, bevor er geht; die große Unbekannte ist nirgends mehr zu sehen und Girard Dupres schlüpft durch die Hintertür hinaus. Bernard Butler wird ein paar Minuten darauf umgebracht und von keinem dieser Leute wissen wir, wo sie zur Tatzeit waren.« »Hätte nicht ein vorbeikommender Fremder Herrn Butler töten können?« Es war für mich leichter zu glauben, ein Fremder habe ihn umgebracht als jemand, mit dem ich ein Jahr lang geschlafen hatte.
»Diese Möglichkeit schließen wir nicht aus«, sagte Nick vorsichtig.
»Wie passt Girard Dupres ins Bild?«
»Dupres steht unter Beobachtung wegen Waffenschmuggel und Geldwäsche im The Foxy Lady. Wenn er draußen war, um seinen Geschäften nachzugehen und Butler etwas gesehen hat, was er nicht sehen sollte, dann würden Dupres oder seine Kunden nicht zögern, ihn umzubringen. Es wäre nicht das erste Mal.« »Also war ich mit einem Mordverdächtigen verlobt und habe für einen illegalen Waffenhändler gearbeitet«, sagte ich und wurde leichenblass.
»So in etwa«, sagte Nick unbeeindruckt. »Du hast einen lausigen Instinkt, aber freu dich doch. Ich bin anständig. Du hast einen Schritt in die richtige Richtung getan, als du beschlossen hast, keinen Ablenkungssex mit mir zu haben.« »Sei bloß still«, sagte ich mit einem flauen Gefühl im Magen. Mir fiel noch etwas ein, das mich beunruhigte. »Was weißt du über Robbie Butler?« »Nach der Szene bei der Trauerfeier zu urteilen, hat er nicht alle Tassen im Schrank. Er ist offensichtlich wütend auf eine Frau, von der er annahm, sie habe ein Verhältnis mit seinem Bruder gehabt, aber wir haben keine Hinweise darauf gefunden, dass Bernard Butler irgendeine Beziehung hatte. Warum?« »Ich glaube, dass er mit der Frau vielleicht mich gemeint hat.« »Also wärst du die Verführerin, die Butler in den Tod getrieben hat?« Nick lachte so heftig, dass ich dachte, er fällt vom Stuhl.
»Du brauchst gar nicht so zu lachen«, fuhr ich ihn an. »Ich könnte sehr wohl der Typ Frau sein, die einen Mann vom rechten Weg abbringt, wenn ich nur wollte.« Das Klingeln des Telefons bewahrte mich davor, meine sexuellen Künste weiter verteidigen zu müssen. Dann fiel mir ein, dass da noch jemand frei herumlief, dem es Spaß machte, Drohnachrichten zu hinterlassen und mich ohne mein Wissen zu fotografieren.
Es könnte auch meine Mutter dran sein. Ich konnte schlecht sagen, wessen Anruf ich jetzt lieber in Empfang nehmen wollte.
»Geh dran, Addison. Wenn es derselbe Typ ist, kümmern wir uns drum. Das ist schließlich mein Job.« Ich nahm vorsichtig den Hörer ab, so als sei er eine Bombe, die gleich explodiert. »Hallo? Addison Holmes?«, fragte ein Mann.
»Am Apparat.«
»Gott sei Dank. Hier spricht Victor Mooney.«
Ich hörte ihn schnell atmen und fragte mich, was er wohl gerade machte.
»Ich habe Informationen für Sie, Sie wissen schon. Ich will am Telefon nichts sagen, denn ich glaube, ich werde abgehört. Ich habe ein paar Ermittlungen angestellt, die wohl jemanden geärgert haben.« »Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte ich, denn ich fürchtete, Herrn Mooney in etwas hineingezogen zu haben, was ich besser hätte lassen sollen.
»Ich bin nur ein bisschen außer Atem. Ich bin vom Auto zu einer Telefonzelle gelaufen, um Sie anzurufen. Kommen Sie in einer halben Stunden zur katholischen Kirche. Ich habe sogar Fotos«, sagte er mit aufgeregter Stimme. »Seit Sie bei mir waren, denke ich darüber nach, mir eine Detektivlizenz zu beschaffen. Ich hatte seit langem nicht mehr so viel Spaß.« »Ich werde da sein, Herr Mooney. Seien Sie vorsichtig«, sagte ich, aber er hatte schon aufgelegt.
* * *
Wir kamen etwa fünf Minuten vor der Zeit in der Kirche an. Es hatte wieder angefangen zu regnen, aber statt des Platzregens nieselte es jetzt nur. Statt Baumwollshorts und Top hatte ich einen kurzen Jeansrock und ein rosa Stretch-Top angezogen, vielleicht nicht die ideale Garderobe für einen Kirchenbesuch, aber zumindest berührte kein Stoff meine zahlreichen Kratzer und Prellungen, dafür sollte Gott eigentlich Verständnis haben.
»Ist dir schon einmal aufgefallen, wie unheimlich leere Kirchen sind?«, fragte Nick.
»Jetzt, wo du es sagst.«
Die gothische Kathedrale war eine Sehenswürdigkeit in Whiskey Bayou. Ihre Strebebögen und Gewölbe konnten selbst die schlimmsten Sünder so einschüchtern, dass sie auf leisen Sohlen durch die Tür gingen. Da ich jeden Moment mit herabsausenden Fledermäusen rechnete, ließ ich Nick vorgehen.
Die Kirch
e war leer, als wir sie betraten; mir wurde mulmig, als wir durch das Mittelschiff zum Altar gingen und im Gebälk ein leises Knarren und Ächzen zu hören war. Meine Stimme hallte, als ich im leeren Raum nach Herrn Mooney rief.
»Vielleicht hat er es sich anders überlegt«, sagte Nick. »Er sagte, er glaube, er würde abgehört. Es wird ihm doch wohl nichts passiert sein?« Wir gingen durch die Gänge und zur nördlichen Empore, um zu sehen, ob er nicht doch da war.
»Nein. Vielleicht steht er bloß im Stau. Ihr Frauen macht euch immer grundlos Sorgen.« Nick stemmte die Hände in die Hüften und unter seiner Windjacke konnte ich seine Pistole sehen.
»Du trägst in der Kirche eine Pistole«, flüsterte ich und schaute mich um, ob wir vielleicht vom Blitz getroffen würden.
»Mein Schatz, die einzigen Orte, wo ich keine Pistole trage, sind im Bett und unter der Dusche. Du wirst das in nicht allzu langer Zeit selbst sehen können.« Nick zwinkerte mir zu und ich sah ihn im Geiste vor mir, wie er nass und nackt die Pistole hielt. Seine nicht gerade leise Andeutung zeigte Wirkung. Meine Körpertemperatur ging steil nach oben, als Nick pfeifend wegging. Zum Glück war ich nicht katholisch, sonst müsste ich noch beichten, dass ich in einer Kirche unreine Gedanken hatte.
»Wo gehst du hin?«, fragte ich und musste laufen, um ihn bei seinen großen Schritten einzuholen.
»Ich schaue noch in der Krypta und auf dem Friedhof nach und dann bring ich dich nach Hause und zieh dir die knappen Shorts von vorhin wieder an.« »Ich hab die nicht angezogen, um dich anzumachen«, sagte ich entrüstet. »Ich hatte die an, weil sie bequem waren.« »Auf jeden Fall wurden meine Jeans entschieden unbequemer, als du sie angezogen hast. Ich hatte schon immer eine Schwäche für Schenkel.« »Sollen wir dann auf dem Heimweg bei Kentucky Fried Chicken anhalten?« »Sehr witzig, Addison.« Nick stieß die schwere Tür zur Krypta auf, von der aus es zum Friedhof hinter der Kirche ging.