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Whiskey Lullaby Page 15


  »Da ist er bestimmt nicht drin«, sagte ich und wich zurück. »Warum schaust du nicht dort nach, ich gehe außen herum und wir treffen uns auf dem Friedhof?« »Was ist schon dabei? Du hast doch sicher keine Angst vor Leichen.« »Natürlich nicht«, sagte ich beleidigt. In Wahrheit hatte ich einen Horror davor, in einem großen Betonraum von Leichen umgeben zu sein. Eingeschlossen. Unter der Erde. Umgeben von Stein und Beton.

  »Du bist doch Geschichtslehrerin«, fuhr er fort. »Du solltest das als Chance begreifen, die Vergangenheit dieser Kathedrale zu erforschen. Vielleicht findest du etwas Wichtiges heraus.« »Nun ja«, sagte ich, als wir zwischen Steinsärgen und Grabplatten hindurchgingen. »Irgendwann erzähl ich dir mal von meiner Studienfahrt mit ein paar Schülern zu den Katakomben in Rom. Dann wirst du verstehen, warum mir das hier zu schaffen macht.« Ich hielt Nicks Hand starr umklammert und fuhr hoch, als ich irgendwo vor uns ein Quieksen hörte.

  »Ganz ruhig, Schätzchen.« Nick zog mich näher an sich und rieb mir mit seinen Händen die kalten Arme warm. »So alte Gebäude machen durch Setzbewegungen oft Geräusche. Besonders hier im Süden, wo der Boden jederzeit sumpfig werden kann.«

  Ich nickte, aber meine Augen sagten nein, nein, nein. Ich musste hier raus, sonst würde ich in einer Minute anfangen zu hyperventilieren und Nick bewusstlos vor die Füße fallen.

  »Addison, schau mich an«, befahl er, als ich anfing zu keuchen.

  Ich schaute hoch und er hielt meinen Kopf solange zwischen seinen Händen, bis ich ihm in die Augen schaute. Sie waren unglaublich blau und voller Verständnis, Humor und Begehren.

  »Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert. Bei mir bist du sicher.« Nick beschloss, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Plötzlich berührte sein Mund meinen und seine Zunge wurde sehr vertraut mit meinen Mandeln—nicht, dass ich mich beklagte. Zu seiner Verteidigung lässt sich sagen, dass mit seiner Zunge im Mund meine Zähne unmöglich klappern konnten.

  »Was machst du?«, fragte ich und wich zurück.

  »Nach was sieht es denn aus, was ich tue? Keine Angst. Das Date, über das wir gesprochen haben, steht.« »Okay. Gut. Egal. Aber jetzt küss mich wieder.«

  Nick hob mich hoch, so dass ich ihm meine Beine um die Taille schlingen konnte und ich stöhnte, als er seine Erektion gegen meine schmerzenden Lenden presste. Mein Rock rutschte mir in die Taille und ich spürte, wie mein Höschen nass wurde. Ich bewegte mich gegen ihn, bis er immer wieder auf meine süße Stelle stieß und ich nur Augenblicke vom besten Orgasmus meines Lebens entfernt war.

  »Gott, du machst mich verrückt«, stieß Nick hervor, als er mit seiner Zunge in meinen Mund drang. Er trug mich zu einer breiten Steinbank mitten im Seitenschiff und setzte sich so hin, dass ich mit gespreizten Beinen auf seinem Schoß saß.

  Ich schob Nick die Windjacke von den Schultern und erbebte, als er den Vorderhaken meines Bhs fand und ihn mir kurzerhand auszog. Das Top hing mir um den Hals, und ich wollte nur noch Nicks Haut auf meiner spüren. Ich zog sein Hemd hoch und presste meine nackte Brust an seine, wir beide stöhnten bei der Berührung.

  »Mach schnell«, keuchte ich.

  Er riss seinen Mund von meinem weg und machte sich an dem Stückchen Spitze zu schaffen, das meine intimsten Stellen verdeckte.

  »Scheiß drauf«, sagte er und riss es ab.

  Ich machte mir an seiner Gürtelschnalle zu schaffen und hatte sie gerade aufbekommen, als ich aufblickte und eine Heiligenstatue uns direkt anstarrte.

  »Oh Gott, hör auf. Wir müssen aufhören«, sagte ich, stieß ihn mit beiden Händen zurück und sprang von seinem Schoß.

  »Bist du von Sinnen? Du kannst nicht einfach sagen ,hör auf‘. Was ist denn in dich gefahren?« »Wir sind in einer Kirche, « flüsterte ich. »Ich kann nicht in einer Kirche Sex haben. Meine Mutter bringt mich um.« »Ich verrate es ihr nicht«, sagte er. »Ich schwöre. Nun komm wieder her.« »Nein, hörst du nicht zu? Wir sind in einer Kirche. Und alle diese Heiligen starren uns an«, sagte ich entsetzt.

  »Bist du katholisch?«, fragte Nick.

  »Nein.«

  »Dann gilt das nicht. Ich hab das mal irgendwo gelesen. Und eigentlich sind wir nicht in einer Kirche. Wir sind in einer Krypta. Das ist ein Unterschied.« »Also sind wir nicht nur Gott gegenüber respektlos, sondern auch den Toten gegenüber. Wir kommen in die Hölle.« »Komm wieder her, ich verspreche, es wird sich lohnen«, bettelte er.

  Ich schaute auf Nicks harten Körper und war schwer in Versuchung. Er lag auf der Bank wie ein dargebrachtes Opfer, mit nackter Brust und die Schwellung unter seinem Reißverschluss war so stark, dass sie schmerzhaft aussah. Seine Augen waren voller Lust und er atmete schwer. Er sah total lecker aus und ich stöhnte, während mein Begehren mit meiner Moral im Clinch lag.

  Die Entscheidung wurde mir abgenommen, denn es erklangen Schritte und eine Tür knallte und ich drehte völlig durch, weil mich vielleicht jemand bei einer Todsünde ertappt hatte; ich zog mein Top runter und versuchte, meinen Rock glattzuziehen, da ertönte ein Schuss.

  Nick war in einem Sekundenbruchteil von der Bank runter, hatte die Waffe gezogen und die Lust in seinen Augen war einer so intensiven Härte gewichen, dass ich vor Angst einen Schritt zurücktrat. Er rannte durch die Friedhofstür in Richtung des Schusses und ließ mich inmitten all der Leichen allein zurück.

  »Nick!«, schrie ich und rannte ihm nach. Ich konnte nicht sagen, ob ich wütender war, weil er mich allein gelassen hatte oder weil er volle Pulle direkt auf den Schuss zu gerannt war.

  Ich stürzte durch die Tür aus der Krypta auf den Friedhof. Aus dem Nieselregen war wieder ein Platzregen geworden und bei den dunklen Wolken konnte man kaum etwas sehen. Ich konnte Nick nicht sehen, aber Adrenalin und Angst trieben mich mit voller Fahrt voraus. Bis ich über einen Grabstein stolperte und zum Flug ansetzte. Zum Glück regnete es, denn auf Matsch zu landen war wesentlich weicher als auf durchgehärteter Erde. Als unelegantes Häufchen Elend belagerte ich nun das Grab von Dr. Stanley Took und seiner Frau; die sorgfältig gepflanzten Blumen waren durch meine Schuld entwurzelt worden.

  »Nick!«, rief ich noch einmal.

  Ich saß schweigend in Dreck und Regen und wartete darauf, Nicks Stimme oder Schritte oder noch einen Schuss zu hören. Mir klapperten die Zähne, der Schlamm war an Stellen gedrungen, die ich lieber unerwähnt lasse und ich war vor Sorge um Nick den Tränen nah.

  »Addison!«

  Als ich Nicks Brüllen hörte, atmete ich auf. Er war nicht tot und ich war nicht allein. Es sah auf einmal alles viel besser aus.

  Ich machte mich wie Marco Polo auf Entdeckungsreise, immer seiner Stimme nach, bis ich seinen Schatten an der schmiedeeisernen Friedhofsumzäunung erblickte. Er hatte immer noch die Pistole gezogen und forderte per Handy einen Rettungswagen und Verstärkung an.

  Den Grund dafür sah ich, als ich auf den Boden vor ihm sah. Victor Mooney lag bäuchlings im Schlamm, aus einer Schusswunde am Rücken lief Blut.

  »Oh Gott«, sagte ich und wich zurück.

  Nick beendete den Anruf und blitzte mich an. »Ich weiß, es fällt dir schwer, erst zu denken und dann zu handeln, aber wenn du nochmal Schüsse hörst, dann renn nicht mit einem Affenzahn in die Schusslinie, bevor ich Entwarnung gebe.« »Du hast mich in einem Raum voller Leichen allein gelassen«, schrie ich ihn an. »Und außerdem bis du mit einem Affenzahn vorgerannt in die Schusslinie.« »Ich bin Polizist. Ich bin bewaffnet. Das ist mein Job«, schrie er zurück. »Ich glaub es nicht. Du hast mich so verrückt gemacht, dass ich auf einem Friedhof rumschreie.« »Du hast ein schlechtes Gewissen, weil du auf einem Friedhof herumschreist, nachdem du gerade versucht hast, in einer Kirche mit mir Sex zu haben?«, kreischte ich.

  Nick schloss die Augen und zählte offensichtlich mehrere Male bis zehn. »Hör zu, Addison. Sobald die Verstärkung eintrifft, lasse ich dich von einem Beamten zum Auto bringen und dann fährst du bitte direkt zu Kate. Nirgendwo anders hin. Verstanden?« »In diesem Zustand fahre ich nicht zu Kate«, sagte ich. »Warum kann ich nicht nach Hause?« »Weil du Fotos und Drohanrufe bekommen hast und ein Mann, der sich mit dir treffen wollte, hier tot zu deinen Füßen
liegt. Nenn mich ruhig einen Spinner, aber ich denke, du bist ein kleines bisschen in Gefahr und mir ist nicht wohl dabei, dich, während ich mit einem Mordfall befasst bin, nach Hause zu schicken, wo vielleicht so ein Verrückter hinter der Tür auf dich wartet. Mach endlich einmal, was ich sage.« »Ok.« Ich platschte hinüber zu einer Bank, wo ich auf meinen Babysitter warten konnte.

  * * *

  Ich saß im Auto, umkrampfte mit beiden Händen das Lenkrad und sah zu, wie der Regen gegen die Windschutzscheibe trommelte. Ich war völlig durchgeweicht, mein Rock war zerrissen, beide Knie bluteten. Meine Arme und mein Hals waren aufgeschrammt, mein Gesicht fleckig und rot vom Heulen. Zusätzlich zu den äußerlichen Verletzungen hatte ich auch einen großen Teil meines Empfindungsvermögens, den größten Teil meines Menschenvertrauens und meine gesamte Unterwäsche irgendwo zwischen einem Friedhof und einem Kirchhofsparkplatz eingebüßt.

  Ich traute mich noch nicht, auszusteigen und in das Ermittlungsbüro McClean zu gehen. Ich machte mir Mut, aber als ich das letzte Mal versucht hatte, auszusteigen, begann es zu hageln und ein orkanartiger Windstoß knallte die Autotür wieder zu. Ganz zu schweigen davon, dass der Schlamm in meinen Spalten erschreckend schnell trocknete und ich vielleicht für immer in dieser Stellung verharren musste.

  Ich hatte wohl schon zu lange hier gesessen, denn ich sah mehrere Gesichter, die aus den Fenstern nach mir schauten, und mein Handy auf dem Nebensitz klingelte.

  »Kommst du rein, oder hast du vor, den ganzen Tag dort leidend herumzusitzen?«, fragte Kate.

  »Ich weiß noch nicht. Ich darf nicht nach Hause, aber ich bin nicht sicher, ob ich es schaffe, reinzukommen und alles zu erklären.« »Nick hat schon angerufen und alles erklärt, wenn du reinkommst, geb ich dir ohne viel Fragerei ein paar saubere Klamotten und lasse dich unsere Dusche benutzen.« Ich seufzte ins Telefon. »Das ist das zweitbeste Angebot, das ich heute bekomme.« Ich legte auf und zog meinen Regenmantel über, damit man den fehlenden BH nicht bemerkte. Dann schleppte ich mich zum Eingang und drückte die Glastür auf.

  Lucy Kim kam mit einem Stapel grauer Trainingsklamotten und einem Stück Seife hinter ihrem Schreibtisch hervor. Auf schwarzen Pfennigabsätzen eilte sie in meine Richtung. Ihr Gesicht war ausdruckslos, ihre Lippen frisch rot bemalt. Hätten meine Füße nicht durch den Schlamm am Boden geklebt, wäre ich zurückgewichen, denn sie sah aus, als wolle sie jemanden umbringen. Wahrscheinlich mich, weil ich auf den Teppich tropfte.

  Sie ging wortlos an mir vorbei zu einer weißen Tür mit altmodischem Knauf. Sie hielt die Tür auf und starrte mich so intensiv mit ihren schwarzen Augen an, dass ich mich nicht gewundert hätte, wenn sie Laserstrahlen geschossen oder Dinge in Brand gesetzt hätten.

  Tropfend ging ich auf sie zu und nahm die Kleider entgegen. Energisch schob sie mich mit der Fingerspitze hinein und schlug die Tür hinter mir zu.

  »Hat mich gefreut«, rief ich durch die Tür.

  Das Bad war geräumig und altmodisch. Offensichtlich war es für Mitarbeiter bestimmt, denn an einer Wand befanden sich Spinde mit aufgeklebten Namen. Ich stand auf den kalten Fliesen, zog mir die Kleider vom Leib und stopfte sie in den Mülleimer. Sie waren ein hoffnungsloser Fall—ganz wie mein Leben.

  Ich genehmigte mir eine luxuriöse halbe Stunde unter der Dusche und lieh mir von einer gewissen Susan das Shampoo aus. Es würde ihr sicher nichts ausmachen. Dann trocknete ich mich ab und suchte in den Spinden nach einem Erste-Hilfe-Kasten. An meinen Handflächen und Knien war die Haut aufgerieben und meine Arme waren voller Kratzer, also trug ich gegen die Friedhofskeime etwas antibakterielle Salbe auf.

  Ich zog die Trainingssachen an, und mir wurde bewusst, dass ich mich viel zu schnell daran gewöhnte, ohne Unterwäsche rumzulaufen. Ich verdrängte die Gedanken daran, wie ich sie losgeworden war und wann Nick wieder versuchen würde, sie mir auszuziehen.

  Ich machte das Bad sauber und ging dann auf Socken in Kates Büro. Ich fühlte mich wie neugeboren.

  »Ich wollte schon nachschauen kommen, ob du vielleicht ertrunken bist«, sagte Kate, als ich mich bäuchlings auf die Couch in ihrem Büro warf.

  »Wenn man bedenkt, wo ich überall Matsch hatte, musste es etwas länger dauern.« »Du hast auch einen schweren Fall von Kratzbart-Syndrom am Hals. Du hast doch nicht etwa dafür auch eine Erklärung?«, fragte Kate.

  »Sagen wir es mal so: bevor wir über die Leiche stolperten, waren die Dinge kompliziert geworden.« »Du kannst nur hoffen, dass deine Mutter nie herausfindet, dass du in einer Kirche Sex hattest.« »Wir hatten keinen Sex«, knurrte ich.

  »Das würde erklären, warum du so gute Laune hast.« »Nein, sexueller Frust ist nun wirklich das letzte meiner Probleme. Ich würde sagen, das größte ist, dass ich ständig Leichen finde.« »Meinst du vielleicht, die beiden Morde hätten etwas miteinander zu tun?« »Ich weiß nicht. Herr Butler hatte nichts mit mir zu tun, aber für Herrn Mooney fühle ich mich verantwortlich. Ich muss dir wohl beichten, dass ich Herrn Mooney gebeten hatte, herumzuschnüffeln und Buch zu führen, wer im Hause Hyatt ein und ausging. Und jetzt ist er tot. Er sagte, er habe Informationen für mich, und ich denke, das hat jemanden so nervös gemacht, dass er ihn umgebracht hat.« Kate schloss die Augen und sah aus, als würde sie zählen.

  »Gibt es noch etwas, das du mir sagen musst?«, fragte sie schließlich.

  Ich ging im Geist noch einmal die letzte Woche durch und verzog das Gesicht. Es gab wahrscheinlich einiges, das ich Kate sagen musste, aber nichts davon würde ihr guttun, also schwieg ich und schüttelte den Kopf.

  »Also, das hier haben wir jetzt nicht mehr in der Hand, Addison. Es ist Sache der Polizei, herauszufinden, wer Herrn Mooney ermordet hat und ob sein Tod irgendetwas mit dem deines Vorgesetzten zu tun hatte. Wahrscheinlich können wir von Glück sagen, dass Fanny Kimble ihren Observationsauftrag zu John Hyatt zurückgezogen hat. Wir lassen die Polizei ihre Arbeit tun und du machst weiter mit deinen normalen Observationen. Zumindest solltest du dann keine Probleme mehr mit plötzlich auftauchenden Leichen haben.« Ich starrte Kate geschockt an. Sie las wieder in den Papieren auf ihrem Schreibtisch. »Kate, ich fühle mich für Herrn Mooneys Tod verantwortlich. Ich werde nicht aufhören zu ermitteln, nur weil du oder Fanny Kimble das sagen. Mir liegt etwas an der Sache und ich werde sie abschließen.« »Addison, hör mir zu«, sagte Kate und betonte jedes einzelne Wort, ein sicheres Zeichen, dass sie wütend wurde. »Wenn du für mich arbeiten willst, wirst du tun, was ich sage. Punkt. Ich mache mir Sorgen um dich und das hier ist nichts, in das du deine Nase stecken solltest. Jemand muss dich weiß Gott vor Scherereien bewahren.« Ich wollte sie gerade unterbrechen, da stoppte sie mich mit erhobener Hand.

  »Ich habe auch für meine Firma zu sorgen. Eine Firma mit einem guten Ruf. Wenn du meine Regeln nicht befolgen kannst, werde ich dich entlassen.« Mein Mund schnappte auf und zu wie bei einem Guppy. »Du würdest mich tatsächlich entlassen?«, fragte ich ungläubig.

  »Ohne mit der Wimper zu zucken, wenn ich damit dein Leben oder mein Geschäft retten müsste. Sind wir uns jetzt einig?« Ich schaute Kate direkt in die Augen, es war kein Bluff. Sie würde mich wirklich entlassen.« »Gut«, sagte ich. »Aber ich kann nicht versprechen, mich völlig herauszuhalten. Nick hat mir schon gesagt, dass ich irgendwie mit in diesem Schlamassel stecke. Ich kann also nur abwarten und sehen, ob er recht hat.« »So lange du nicht aktiv für Ärger sorgst. Jetzt erzähl mir mal von den Fotos, die man dir geschickt hat.« »Mann, erzählt Nick dir eigentlich alles? Was für eine Klatschtante.« »Er sagt mir Dinge, die ich eigentlich von dir hätte hören sollen. Ich höre es gar nicht gern, dass meine Mitarbeiter verfolgt werden, schon gar nicht meine beste Freundin.« »Ich weiß nicht. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es wahrscheinlich Veronica ist. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie sich wie ein Teenager benimmt. Und was sie bei der Offiziersgala gesagt hat, klingt mir noch in den Ohren. Sie meint wirklich, ich hätte sie beschissen und sie will Rache.« »Ich werde das mal unter die Lupe nehmen. Wenn es Veronica ist, dann krieg ich es raus, und du kannst mir glauben, ich werde ihr einen heiligen Schrecken einjagen.« »Danke«, sagte ich dankbar. »Es wäre schön, m
ir um eine Sache weniger Gedanken machen zu müssen.« »Werde aber bitte nicht unvorsichtig«, warnte sie. »Ich bin froh, dass Nick dir gesagt hat, du sollst bei mir bleiben, bis er übernehmen kann. Du kannst bei mir zu Hause bleiben, bis er mit den ersten Ermittlungen fertig ist. Dann begleitet er dich bis nach Hause und kontrolliert, ob deine Wohnung sicher ist. Aber es kann ein bisschen dauern, er sagt, er hätte Probleme mit dem Sheriff von Whiskey Bayou.« »Was für Probleme?«, fragte ich.

  »Zuständigkeitsprobleme. Nick hat ein Spurensicherungsteam von Savannah kommen lassen und ihn in seiner geduldigen Art übergangen. Der Sheriff war nicht begeistert davon, die Leute aus der Stadt auf seinem Terrain zu haben.« »Kann ich ihm nicht verübeln. Auch mir ist es unangenehm, Nick die ganze Zeit auf meinem Terrain zu haben.«

  Kapitel 10

  Sonntag

  * * *

  Bum, bum, bum.

  Ich stöhnte, als ich die Schläge gegen meine Wohnungstür hörte und drehte mich um, um auf den Wecker zu sehen. Es war erst kurz nach sieben Uhr morgens und ich wusste, wenn ich wach würde, müsste ich mich überwinden und zur Kirche gehen. Die Ausrede ,verschlafen‘ könnte ich dann nicht benutzen.

  Also zog ich mir das Kopfkissen über den Kopf und hoffte, wer immer es auch war, würde wieder gehen.

  Bum, bum, bum.

  Etwas kratzte am Türschloss und ich schrak hoch. Der einzige Mensch, der den Schlüssel hatte, war meine Mutter.

  »Erhebe dich und strahle, Dornröschen«, brüllte eine vertraute Stimme. »Wir haben einiges vor.« Bevor ich die Laken hochziehen konnte, um zu verbergen, dass ich ohne Pyjama schlief—hauptsächlich, weil ich keine Klimaanlage besaß—öffnete Nick die Tür zu meinem Schlafzimmer und machte sie hinter sich wieder zu.

  »Aha«, sagte er mit einem so heißen Blick, dass ich mich glücklich schätzen konnte, dass die Laken kein Feuer fingen. »Morgenstund hat wirklich Gold im Mund.« »Weißt du, wieviel Uhr es ist?«, fragte ich ihn und zog die Laken höher. »Wie bist du reingekommen?« »Ich hab das Schloss geknackt.«