Whiskey Lullaby Read online

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  »Also, wenn du jetzt ganz depressiv wirst, dann helfe ich dir nicht mehr. Ich weiß bestimmt was, womit wir dich aufheitern könnten«, sagte er mit einem Augenzwinkern.

  »Wahrscheinlich macht mich gerade das depressiv, also nein danke.« Ich drehte mich zu ihm und gestand meine Niederlage ein. »Hast du deine Frau geliebt?«, fragte ich.

  »Oh Gott, Addison. Wird das jetzt eins dieser Gespräche?« Ich verdrehte die Augen und seufzte wieder. »Du hast natürlich recht. Wir kennen uns kaum und es läuft auch nichts zwischen uns.« »Kann man wohl sagen«, sagte Nick mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich war vor elf Jahren direkt nach meiner Zeit in der Armee sechs Monate verheiratet. Es war ein totaler Fehler und es gab keine gebrochenen Herzen. Reicht dir das?« »Ich sagte doch, du musst nichts erklären. Ich bin nicht auf der Suche nach einer Beziehung, du kannst diesen panischen Blick gleich wieder ablegen. Und außerdem würden wir beide nie zusammenpassen. Die Leidenschaft wäre bald vorbei und wir würden uns gegenseitig umbringen. Also, deine Vergangenheit ist mir völlig egal. Ich überdenke nur gerade mein Leben.« Nick stoppte den Wagen und ich spürte, er hätte sich am liebsten herübergelehnt und mich erwürgt. Ich ergriff den Türgriff und bereitete mich auf die Flucht vor, als er mich am Arm packte, über den Sitz zog und küsste. »Du machst mich wahnsinnig«, sagte er und beförderte mich wieder auf meinen Sitz. »Aber du musst das mit dem Überdenken jetzt verschieben, denn wir sind da.« Ich war noch ein wenig benommen von dem Kuss, als ich sah, dass wir in einer Seitenstraße etwa einen Häuserblock von Eddie Pogues Adresse entfernt standen.

  »Warum so weit weg?«

  »Weil es für die Nachbarn glaubhafter ist, wenn sie einfach ein hübsches Pärchen beim Nachmittagsspaziergang sehen. Wir wollen ja nicht, dass er etwas merkt.« »Ok, gute Idee.«

  »Ab und zu hab ich mal eine«, sagte Nick sarkastisch. »Deine Kamera brauchst du heute nicht. Wir erforschen einfach mal die Gegend und schauen, ob wir einen freien Blick auf sein Haus bekommen. Dann kommen wir ein andermal wieder und versuchen, es zu fotografieren.« Als ich den Plan durchdachte, wurde ich für den Fall Eddie Pogue zuversichtlicher als ich es bei allen anderen gewesen war. Es würde ganz einfach werden. Ich brauchte nur einen Mentor. Ich hatte mich in ziemlich optimistische Stimmung gebracht, als mir klar wurde, was Nick vorhatte.

  »Verdammt nochmal, Nick, wir sind doch nicht in einem Western. Ich dachte, wir beobachten nur.« Ich sah ihm zu, wie er das Schulterhalfter anlegte und einen Ersatzrevolver in Hüfthöhe am Rücken befestigte. Verflixt, allein schon das Zuschauen törnte mich an. Bei dem Gedanken, ihn irgendwann in Uniform zu sehen, überlief es mich.

  »Die erste Regel ist, sich an seine Umgebung anzupassen. Die zweite ist, bereit zu sein.« »Moment mal. Kate hat mir aber andere Regeln genannt. Kann man ein Buch mit all diesen Infos kaufen?« Nick lächelte und ergriff meine Hand. »Komm, wir sind einfach ein glückliches Pärchen, das Hand in Hand durch die Straßen geht.« »Komm wieder auf den Boden. Niemand würde glauben, wir wären ein glückliches Paar.« »Was ist daran so schwer? Du braucht mich nur anzuschauen, als sei ich ein Gott und ein bisschen zu sabbern, wie du das immer machst.« Ich zeigte ihm den erhobenen Mittelfinger und nahm mir vor, ihn mir nicht mehr nackt vorzustellen. Er konnte anscheinend bei Frauen sehr gut Gedanken lesen. »Gehen wir«, sagte er.

  Ich folgte in nicht gerade begeistertem Tempo, weil ich von dem mexikanischen Essen noch voll war.

  Die Seitenstraße war kaum mehr als ein Kiesweg, mit einer zusammengewürfelten Mischung von Häusern auf beiden Seiten. An der Ecke stand ein alter Wohnwagen, daneben ein Haus im Ranch-Stil und ein zweistöckiges Kolonialhaus am Ende des Häuserblocks. Es war wirklich eine bunt gemischte Wohngegend. Der Vorteil war, dass auf beiden Seiten der Straße hohe Bäume und überwachsene Büsche standen, die gute Versteckmöglichkeiten boten.

  Wir blieben hinter einem bescheidenen einstöckigen Backsteinhaus mit großem Hinterhof stehen. Dieser war mit einem Zaun mit Kette verschlossen und ein zugewucherter Garten lag mitten auf dem Grundstück. Hinter dem Haus befand sich eine einzeln stehende Garage, daneben stand der Rohbau eines Lagerhauses. In der Garage standen keine Autos.

  »Glaubst du das?«, sagte ich empört. »Wie kann John Hyatt bloß einem Blödmann wie Eddie Pogue eine Hypothek gewähren und mir nichts als Ärger machen?« »Wahrscheinlich musste Eddie Pogue nicht erst Veronica Wade überwinden«, sagte Nick. »Ok, also tun wir so. als wären wir verliebt.« »Ehm—was soll ich genau—«

  Mir stockte der Atem, als Nick mich gegen den Zaun drückte. Er küsste mich, als suchte er nach der versunkenen Stadt Atlantis und ich konnte nur noch vor Überraschung den Mund öffnen und versuchen, Sauerstoff ins Gehirn zu bekommen.

  »Rück ein bisschen nach links«, sagte er und biss mich ins Ohrläppchen. Ich hörte das Klicken der Kamera an seinem iPhone, als er mehrere Aufnahmen von der Rückseite des Hauses machte. »Ich sehe ihn nirgends auf dem Grundstück, aber er hat das ganze Werkzeug draußen stehen lassen, also wird er nicht weit sein. Wir werden wiederkommen müssen, um ihn in auf frischer Tat zu ertappen.« Dieser Idiot war am Arbeiten. Der Kuss hatte absolut keine Wirkung auf ihn und ich war zu einer jämmerlichen Pfütze zu seinen Füßen zerschmolzen. Ich verschob ein bisschen mein Gewicht und brachte dabei meinen Fuß treffsicher gegen sein Schienbein.

  »Aua, verdammt, wofür war das denn jetzt?«, sagte er und schob das Handy wieder in die Gesäßtasche.

  »Ich lasse mich nicht gerne als Ablenkung benutzen.« »Gott, was ist denn schon dabei? Es hat dir doch schließlich gefallen.« Männer. Dass es mir gefallen hatte, stand nicht zur Debatte, und ich würde es auch nie zugeben.

  »Lass uns abhauen. Ich werde mehr Glück damit haben, Eddie Pogue zu erwischen, wenn du nicht dabei bist und mir die Zunge in den Hals steckst.«

  Kapitel 11

  Montag

  * * *

  Das frische Kaffeearoma stieg mir in die Nase, bevor der plärrenden Wecker an mein Ohr drang. Ich sah auf die Uhr und es war mir egal, dass ich ein paar Minuten später dran war. Das Schuljahr war zu Ende und ich hatte nur noch einen Tag Dienst in der Schule. Was sollten sie schon machen? Mir etwa kündigen?

  Ich schlüpfte in Jeans, T-Shirt und meine Nike Shox, weil ich meinen Klassenraum für die Sommerferien aufräumen musste. Ich band meine Haare zum Pferdeschwanz und verfluchte den Pony, den ich für eine so tolle Idee gehalten hatte.

  Um zehn hatte ich bereits meine Bücher verstaut und fast alles von den Wänden abgehängt, der Rest konnte mir ziemlich egal sein. Rose Marie kam gerade in dem Moment rein, als ich beschlossen hatte, mich abzuseilen. Von den Zebrastreifen auf ihrem Top bekam ich einen Silberblick, also konzentrierte ich mich darauf, Kartons auf einen Handwagen zu stapeln, um sie zum Auto zu bringen. »Hey, ich hab gehört, was zwischen dir und Veronica bei der Offiziersgala gelaufen ist«, sagte sie laut.

  »Jeder hat gehört, was bei der Gala gelaufen ist. Rudy Bauer von der Gazette hat angerufen und wollte einen Kommentar für den Artikel, der Donnerstag erscheinen sollte. Ich konnte ihm nur sagen, dass Veronica künstliche Titten hat und blond gefärbt ist, aber er sagte, dass wisse er schon.« Mir fiel wieder Veronicas überraschter Blick ein, als ich ihr ein Büschel ihrer gebleichten Haare ausriss. Ich musste grinsen.

  »Sie ist heute nicht gekommen«, sagte Rose Marie. »Man sagt, du hast beim Rumwälzen auf dem Boden eins ihre Brustimplantate kaputt gemacht.« Das verschlug mir den Atem und instinktiv presste ich den Arm schützend vor meine Brust.

  »Aua. Das wusste ich nicht«, flüsterte ich erschrocken. »Bevor ich die Schäden überblicken konnte, wurde ich mit einem Taser betäubt.« Ich stellte mir Veronica vor, wie sie mit einer geschrumpften Titte herumlief und begann zu kichern. Rose Marie ließ sich anstecken und bald krümmten wir uns vor Lachen und Tränen liefen uns übers Gesicht.

  »Wir sollten darüber nicht lachen«, keuchte ich und versuchte Atem zu holen. »Es muss fürchterlich wehgetan haben«, sagte ich und versuchte einen erneuten Kicheranfall zu unterdrücken. Ich heulte vor Lachen und Rose Marie sah aus wie ein fröhlicher Posaunenengel, rosa und rund.

/>   »Ich glaube, das ist Karma«, sagte sie. »Man darf lachen, wenn jemand von seinem Karma mit einem Arschtritt eingeholt wird. Man kriegt sogar selbst ein schlechtes Karma, wenn man nicht lacht.« Gegen ihre Logik konnte ich nichts ausrichten, also ließ ich noch einen Lachanfall raus, bevor ich mich wieder einkriegte.

  Wie angestochene Luftballons fielen wir zusammen und ich setzte mich auf meinen Stuhl am Pult. Veronica war im Krankenhaus, konnte also Herrn Mooney nicht umgebracht haben. Aber den Verdacht im Mordfall Butler war sie meiner Meinung nach damit nicht los. Nick hatte gesagt, die Morde sähen nach verschiedenen Tätern aus, obwohl er sicher war, dass sie etwas miteinander zu tun hatten.

  »Ich bin vorbeigekommen, weil ich dich um einen Gefallen bitten wollte«, sagte Rose Marie.

  »Worum geht‘s?« Ich betete, dass es nicht darum ging, ihre Hunde zu füttern. Als ich das letzte Mal die Ehre hatte, hatte ich hinterher ein Loch am Hintern meiner besten Jeans und Hundesabber an Stellen, die besser unerwähnt bleiben.

  »Eine Freundin startet ein neues Geschäft. Sie organisiert solche Parties bei sich zu Hause, weißt du, und heute führt sie ein paar neue Produkte vor, die ihre Firma ganz neu auf den Markt bringt. Ich habe ihr versprochen, so viele Leute wie möglich mitzubringen, weil das ihre erste Vorführung ist. Sie ist ein bisschen nervös. Es kommen noch einige Lehrerinnen, also kennst du schon ein paar Leute. Mir liegt viel daran, dass du mitkommst.« »Super, das hört sich gut an.« Das meinte ich ehrlich. Ein Frauenabend war jetzt genau das Richtige für mich.

  »Klasse, hier ist die Einladung, die Adresse steht drauf. Wir sehn uns dort.« Wenn das nicht ein großartiger Tag war! Veronica Wades Titte war geplatzt und ich würde ein paar neue Tupperschüsseln kaufen. Und Tupperschüsseln zählten nicht als Kaufrausch. Sie waren preisgünstig und ich konnte sie bei der Einweihungsfeier für mein neues Haus gebrauchen, für all die Aufläufe und Kuchen, die meine Nachbarinnen sicher mitbringen würden. Das Leben war schön.

  * * *

  Als die ersten Takte der Ouvertüre 1812 erklangen, angelte ich das Handy vom Grund meiner Tasche und vermied gleichzeitig einen Frontalaufprall. »Mann, bin ich gut.«

  Ich war bei der Agentur vorbeigefahren und hatte meinen Z gegen Kates langweiligen beigen Taurus eingetauscht. Nun war ich auf dem Weg zum Haus von Eddie Pogue, dem ich ohne Nick einen Besuch abstatten wollte.

  »Hallo«, sagte ich ins Handy, während ich in der Straße von Eddies Haus einen Parkplatz suchte. »Wie war dein Tag, Schatz?«, fragte Nick am anderen Ende der Leitung. Ich konnte das Lächeln in seiner Stimme hören und sah ihn vor mir, wie er mit hochgelegten Füßen und dem Handy zwischen Ohr und Schulter zehn Dinge auf einmal erledigte.

  »Nicht schlecht, Liebling«, sagte ich sanft. »Veronica Wade ist eine Titte geplatzt und heute Abend geh ich zu einer Tupper-Party.« »Also volles Programm. Reden wir mal über den Mord.« »Weißt du, manchmal will ein Mädchen über etwas anderes reden als Arbeit. Manchmal möchte ein Mädchen ein bisschen umworben werden.« »Willst du morgen Abend mit mir essen gehen?«

  »Klar.«

  »Können wir jetzt über den Mord reden?«, fragte er.

  »Tut mir leid. Im Moment wird es ein bisschen viel.« »Du bist nicht zufällig gerade hinter Eddie Pogue her, oder?« Als Wahrsager hätte der Mann im TV Millionen verdienen können. »Nein, ich doch nicht«, log ich und legte auf. Manchmal musste ein Mädchen eben zu drastischen Maßnahmen greifen.

  Ich parkte vor dem großen Haus im Kolonialstil etwas weiter die Straße hinunter und beschloss, es diesmal von der Vorderseite anzugehen. Die Straße war ruhig, wie es sich für einen Montagmittag gehörte. Hier wohnten Arbeiter, die die Raten für den Autokauf, Tanzunterricht und Teilzeit-Ferienwohnungen abstottern mussten.

  Ich hängte mir die Kamera um und stieg aus dem Taurus. Abschließen tat ich das Auto nicht, Kate wäre besser dran, wenn es ihr jemand klauen würde.

  Während ich auf Eddies Haus zuging, hörte ich nur Vogelgezwitscher und aus irgend einem Fernseher die Stimme eines Talkmasters. Ich versteckte mich hinter einer über und über rosa erblühten Kräuselmyrte und lugte dahinter hervor, um die Vorderseite von Eddies Haus ins Blickfeld zu bekommen. Der Rasen war frisch gemäht und jemand hatte darauf einen teuer aussehenden Rasenmäher und einen Rasentrimmer herumliegen lassen. Keine Spur von Eddie, also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, ging auf dem Bürgersteig weiter und schaute in das offene Fenster.

  Ich sah eine picobello Küche, für die wohl Eddies Frau verantwortlich war. Wahrscheinlich war sie auf Arbeit, wo Eddie auch hätte sein sollen, aber der ließ sich vor dem Fernseher mit den Liebesleiden von Hermaphroditen berieseln und betätigte sich dabei am Heimtrainer. Er war oben ohne und trug nur eine weite kurze Sporthose, von Nackenschutz oder Gehhilfe war keine Spur. Eddie Pogue sah aus wie in der Blüte seines Lebens und er war entlarvt.

  Ich schoss mehrere Bilder und vergaß dabei völlig, dass ich in einem Blumenbeet stand. Ich schaute auf die zertretenen Blumen und wollte zurückrennen, stieß aber mit dem Absatz gegen die Umrandung aus Backstein. Ich landete auf dem Hintern und konnte bei dem schmerzhaften Aufprall einen Fluch nicht unterdrücken.

  Als ich aufschaute, ging die Haustür auf und Eddie Pogue erschien.

  »Addison Holmes, was zum Teufel machst du hier?« Dann sah er die Kamera um meinen Hals hängen. Er lief rot an und am ganzen Körper traten seine Adern hervor. Ich kroch rückwärts, bis ich glaubte, festen Boden unter die Füße zu bekommen.

  »Gib mir die Kamera«, sagte er und kam auf mich zu.

  »Geht nicht, Eddie. Die gehört mir nicht.« Ich erhob mich langsam, erhob die Hände zum Zeichen des Friedens und lächelte ihn so freundschaftlich wie möglich an.

  »Gib mir die verdammte Kamera oder ich nehme sie dir ab«, sagte er. Seine Stimme war bedrohlich und ich wich automatisch einen Schritt zurück.

  »Gib her«, sagte er und stürzte sich auf mich.

  Ich versuchte nicht mehr, ihn zur Vernunft zu bringen. Ich rannte, so schnell es mein steifes Knie und mein schmerzender Hintern zuließen. Als ich ein Motorengeräusch hörte, blickte ich zurück und sah Eddie, der wie eine Erscheinung aus Nightmare den Rasentrimmer hoch über sich hielt.

  Ich machte noch ein paar Bilder, um Eddies Schuld einwandfrei zu beweisen, bis mir klar wurde, dass er nicht vorhatte, den Rasen nochmal zu trimmen. Er hielt den Rasentrimmer wie ein Schwert vor sich und raste wie ein Wilder direkt auf mich zu.

  »Du bist wahnsinnig!«, schrie ich und legte alles darauf an, in Kates Auto zu gelangen. Die Kamera schwang an meinem Hals und schlug mir in die Rippen. Das Geräusch der drehenden Schneidblätter kam näher, aber ich blickte nicht zurück. Wenn ich geköpft würde, wollte ich es nicht mitansehen.

  Hastig durchsuchte ich meine Taschen, dann fiel mir ein, dass ich den Schlüssel im Auto gelassen hatte. Ich riss die Tür des Tauris auf, glitt auf den schmierigen Sitz und verschloss die Türen gerade rechtzeitig, bevor die Schneidblätter mehrmals hintereinander auf die Stoßstange knallten. Ich machte noch mehr Bilder, drehte dann den Zündschlüssel, aber aus Gründen, die mir völlig schleierhaft sind, gab der Tauris nur ein hohles Stottern von sich. Ein rasender Irrer war hinter mir her und das Auto startete nicht.

  »Nun mach schon«, flehte ich. Meine Hände zitterten und ich trat das Pedal runter, in der Hoffnung, die Zündung würde starten. Eddie stand jetzt vor dem Auto und schlug mit all seiner Hometrainer-Kraft auf Windschutzscheibe und Seitenspiegel ein.

  »Endlich!«

  Der Motor startete und ich trat voll aufs Gas. Eddie Pogue blieb auf der Straße stehen und schwenkte wie ein Wahnsinniger den Rasentrimmer.

  * * *

  Ich stellte Kates Taurus hinter ihrem Bürohaus ab und ging hinein, um die Autoschlüssel wieder zu tauschen. Sie war Gott sei Dank in einer Besprechung, also war nur Lucy im Büro. Als ich zu meinem Auto zurück kam, rief ich an und unterließ eine Nachricht auf Kates Voicemail.

  »Hallo, Kate? Hier spricht Addison. Ich wollte dir nur sagen, dass mir das mit dem Taurus leid tut, aber es war nicht meine Schuld. Ich bin sicher, die Versicherung wird alle Schäden dec
ken und wahrscheinlich findest du im Internet einen anderen, ebenso hässlichen Taurus.« Ich legte auf. Ich musste Nick erreichen und ihm sagen, dass jetzt einer mehr auf Liste derjenigen stand, die hinter mir her waren. Was die Verheimlichung meiner Feinde betraf, hatte ich meine Lektion gelernt und Eddie Pogue würde mir sicherlich keine offizielle Einladung zu seiner Festnahme schicken, wenn es soweit war.

  Auf der Fahrt zu Nicks Revier kam mir eine wichtige Erkenntnis. Ich hatte noch nicht einmal seine Handynummer. Ich wusste überhaupt nichts über ihn, nicht wo er wohnte und noch nicht einmal, ob er mit jemandem zusammenlebte. Oder ob er, oh Gott, etwa Kinder hatte? Das Einzige, was mir von Nick Dempsey bekannt war, war welche Form seine Rachenmandeln hatten, wie toll es sich anfühlte, wenn seine behaarte Brust an meinem Busen rieb und dass er schon einmal verheiratet war.

  Nicks Polizeirevier lag mitten in der Altstadt von Savannah; das Gebäude sah überhaupt nicht so aus, als befänden sich in seinem Innern Kriminelle und überarbeitete Polizisten. Es war hübsch, aus rostrotem Backstein und mit schattenspendenen Bäumen.

  Ich überprüfte mein Äußeres und verzog das Gesicht. Ich sah aus, als sei ich gerade von einem Irren mit einem Rasentrimmer die Straße entlang gejagt worden. Meine Haare waren in Unordnung, meine Augen hatten einen leicht verwirrten Ausdruck und hinten an der Hose hatte ich Grasflecken. Sicher hatten die Beamten anderes zu tun, als sich über mein Äußeres Gedanken zu machen, also nahm ich meine Tasche und stieg die Stufen zum Haupteingang hoch.

  Von außen sah das Gebäude vielleicht nicht nach Polizeirevier aus, aber innen sah es genauso aus wie in meinen Kinheitserinnerungen—die Wände in einem scheußlichen Erbsensuppengrün, Metallschreibtische in Reih und Glied wie Soldaten, erschöpfte Polizisten, die viel älter aussahen als sie waren.