Whiskey Lullaby Page 10
Ich joggte ein paar Sekunden auf der Stelle und redete mir gut zu. »Okay, entweder jetzt oder nie.« Ich begann, am Haus entlang zu schleichen und in die Fenster zu schauen. Das erste Fenster, an dem ich vorbeikam, gehörte zu einer Art Büro; bis auf ein paar Kisten und einen billigen Metallschreibtisch war es leer. Zitternd atmete ich aus und schlich weiter; dabei dankte ich Gott bei jedem Schritt, dass es in Strömen goss und niemand sah, wie ich mich unmöglich machte.
Der nächste Raum war die Küche. Dort stand eine offene Flasche Wein auf dem Tresen, daneben zwei leere Gläser.
»Also gut. Wir kommen der Sache näher.«
Das dritte Fenster war eher klein und lag ziemlich hoch über dem Boden. Ich sah, dass in dem Raum Licht brannte, aber ohne mich auf etwas draufzustellen, konnte ich unmöglich hineinschauen. Hastig suchte ich nach einer Kiste oder einem Tisch. Erfolglos. Allerdings stand da eine große Eiche, direkt zwischen dem Bungalow und dem Nachbarhaus. Wenn ich auf einen Ast kletterte, könnte ich hineinschauen. Aber dumm war ich nicht. Bevor ich auf einem Baum mein Leben riskierte, würde ich erst nachschauen, ob ich sie von einem anderen Fenster aus sehen konnte. Leider war das nicht der Fall.
Blieb also nur der Baum.
Ich war noch nie auf einen Baum geklettert, für Kate zu arbeiten war also recht lehrreich; nur fand ich es schon immer sehr unangenehm, mich schmutzig zu machen und das hatte sich mit fortschreitendem Alter nicht geändert. Gott sei Dank gibt es Yoga, sonst wäre ich aufgeschmissen gewesen.
Ich sprang also hoch, ergriff den untersten Ast und umschlang ihn dann mit den Beinen, so dass ich daran hing wie ein Opossum. Wie durch ein Wunder schaffte ich es, mich in eine sitzende Stellung hinaufzuschwingen, und von da aus hievte ich mich hoch auf den nächsthöheren Ast.
»Kinderleicht. Ich hätte Sportlehrerin werden sollen.« Wenn die nur nicht immer diese schrecklichen blauen Trainingsanzüge tragen müssten. Mit den Beinen schob ich mich, soweit es ging, in Richtung Astende und musste aufpassen, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, als ich die Kamera aus meiner Vordertasche herauskramte.
Randbemerkung an mich selbst: Nächstes Mal die Kamera rausholen, bevor du auf dem Bauch liegst.
»Oh Mann. Oh Mannomann.«
Ich hatte den Vogel abgeschossen. Das hochliegende Fenster gehörte definitiv zum Eheschlafzimmer. Ob ich Frau Wilder vor mir hatte, konnte ich nicht genau sagen, denn in der Akte hatte ich keine Nahaufnahmen der im Moment sichtbaren Körperteile; ich war hier aber mit ziemlicher Sicherheit am richtigen Ort.
Es war wie bei einem Autounfall. Man konnte nur hinstarren und hoffen, dass es keine Verletzten gab. Solchen Sex hatte ich noch nie gesehen; ich hatte ja nicht viele Vergleichsmöglichkeiten, aber mit ziemlicher Sicherheit wurde Frau Wilder gerade mein neues Idol. Ich hatte keine Ahnung, wie sie so von der Decke hängen konnte, aber es schien zu funktionieren.
»Verflixt. Bilder.«
Ich hielt die Kamera hoch und fing an, wie eine Besessene zu knipsen. Ich hatte Angst wegzusehen, weil ich etwas verpassen könnte. Wie lange ich in dem Baum saß, kann ich nicht sagen, aber ich lernte mehr als in allen Biostunden meiner gesamten Schulzeit. Sie schienen langsam zur Ruhe zu kommen und ich merkte, dass ich ziemlich angetörnt war, während mein Körper in seiner Stellung erstarrt war. Wahrscheinlich war ich länger dort gewesen, als ich dachte.
Ich schaute noch einmal hoch, um mich der Deckung zu vergewissern, und war erstaunt zu sehen, dass sie von Neuem begonnen hatten. »Wow, schön für euch, Leute.«
Ich muss sagen, dass ich ein bisschen neidisch war, wo doch meine eigenen sexuellen Erfahrungen mit den Spätnachrichten endeten und egal, wie viel Lust ich noch hatte, Gregs Aufladezeit etwa vierundzwanzig Stunden betrug. Vielleicht hätte ich mir einen Zwanzigjährigen suchen sollen. Sicher, Greg hatte auch mit Veronica Sex gehabt, also war ich in der Beurteilung seiner Ausdauer vielleicht nicht ganz gerecht.
Wie von selbst wanderten meine Gedanken zu Nick. Ich hätte wetten können, dass er keine Aufladezeit benötigte. Wahrscheinlich war er ein einziges Riesenhormon mit einer ständigen Erektion.
Ich löste langsam meine eingeschlafenen Beine vom Ast und unterdrückte ein Aufjaulen, als Tausende winziger Nadelstiche auf meine Haut einprasselten. Mit einer Hand jonglierte ich die Kamera und versuchte, die Balance zu halten, was aber mit dem Ballast der eingeschlafenen Beine schwierig war. Höchstwahrscheinlich übertönte der Donner meinen Schrei, als ich auf den Boden knallte. Als ich aufstand und nach oben schaute, sah die Fallhöhe nicht so dramatisch aus, aber ich bekam keine Luft und war ziemlich sicher, dass das Hinterteil meiner Jogginghose abgerissen war – entweder das oder ich hatte mir explosionsartig in die Hose gemacht.
Vielleicht hätte ich doch Unterwäsche anziehen sollen.
Ich lag ein paar Minuten lang mit geschlossenen Augen auf dem Boden und hoffte, wenn ich sie wieder aufmachte, würde ich zu Hause im Bett aus einem Alptraum erwachen. Von wegen. Das wäre ja auch zu einfach.
Langsam kam ich auf die Beine und wimmerte den ganzen Weg bis zum Auto. Erfreulich war, dass ich die Kamera gerettet hatte. Der unerfreuliche Teil – nun, dessen Ausmaß musste erst noch festgestellt werden.
Ich öffnete die Tür meines Z und stieg vorsichtig ein, wobei ich meine zerrissene Hose zusammenhielt und mein Knie zu schonen versuchte. Dann legte ich den Kopf aufs Steuer und hätte gern die Kraft gehabt zu weinen, aber es kam nur ein klägliches Wimmern, das mein Selbstwertgefühl noch mehr nach unten zog. »Als Voyeur erwischt zu werden ist ein Vergehen, das mit bis zu dreißig Tagen Gefängnis und einer Geldstrafe von fünfhundert Dollar bestraft werden kann.« Ich schrie auf, als ich die Stimme vom Nebensitz hörte; was von meinem Adrenalin noch übrig war, übersteuerte völlig. Erst angreifen. Dann denken.
Mein Adrenalinspiegel war wohl dem Kampf nicht gewachsen, denn bevor ich mich versah, waren meine Arme auf meinem Rücken und eine vertraute Stimme versuchte, mich zu beruhigen.
»Was zum Teufel ist denn mit Ihnen los? Greifen Sie immer unschuldige Leute an? Sie sind verrückt«, sagte Nick und mir fielen fast die Plomben aus den Zähnen, so stark bebte ich.
»Ich, verrückt? Ich? Man steigt nicht einfach zu Leuten Auto und erschreckt sie zu Tode und nennt sie dann verrückt, weil sie Angst haben. Lassen Sie mich los!« »Nicht, bevor sie sich abgeregt haben. Und warum haben Sie nicht nachgeschaut, ob jemand im Auto sitzt, bevor Sie eingestiegen sind? Das wäre das Vernünftigste gewesen.« Ich kochte innerlich. Ich wusste, dass Nick recht hatte, aber das hieß noch lange nicht, dass ich es hören wollte. Was mich anging, so hatte ich auch recht. Ich hielt ganz still und wartete darauf, dass er mich losließ; ich wusste, dass ich wahrscheinlich für den Rest meines Lebens im Gefängnis landen würde, aber das war mir jetzt auch egal. Ich hatte gehört, dass es im Gefängnis gute Ärzte gab, außerdem könnte ich häkeln lernen. Vielleicht könnte ich sogar den Master nachholen. Zu diesem Zeitpunkt erschien mir Gefängnis wie das Paradies.
Kaum hatte er mich losgelassen, schaltete ich in den Tae-Bo-Modus und ließ eine harte Faust an seiner Kinnlade landen, bevor er mich wieder festhielt. Nun taten mir zusätzlich zu meinen anderen Verletzungen auch noch die Finger weh. Aber das war es wert. »Aua. Verdammt«, sagte Nick und rieb seinen Unterkiefer mit der Hand. »Sie muss man einsperren.« Er hielt inne und sah auf mein Sweatshirt hinunter. »Tragen Sie einen BH?« »Raus aus meinem Wagen. Jetzt.«
»Ich muss mit Ihnen über etwas reden, wenn Sie mal dreißig Sekunden lang normal sein können«, sagte er. »Ich bin Ihnen nicht den ganzen Weg hinterher gefahren, damit Sie Kinnhaken üben können. Ich versuche, einen Mordfall zu lösen, was um einiges wichtiger ist als sich mit einer Live-Porno-Show zu vergnügen. Könnten Sie sich jetzt mal wie eine Erwachsene benehmen und mit mir reden?« »Ich glaube kaum. Nehmen Sie sich eine Nummer oder machen Sie einen Termin aus. Ist mir egal, was Sie machen. Bewegen Sie nur endlich Ihren Arsch aus meinem Auto!« »Oh, jetzt hab ich‘s. Sie haben Ihre Tage.«
Ich war ziemlich sicher, dass er mittlerweile den Dampf aus meinen Ohren kommen sah, denn er öffnete schnell die Tür und suchte nach einem Fluchtweg. Ich stieg voll au
fs Gas, noch bevor er mit den Füßen den Boden berührte und verspürte große Genugtuung, als ich sah, wie er auf allen Vieren landete. Von mir blieb nur der Geruch nach Abgasen und verbranntem Gummi zurück.
Es war ein Scheißtag gewesen und ich glaubte nicht, dass Eiscreme etwas nützen würde, aber ich war gewillt, es trotzdem zu versuchen. Und dann würde ich sie mit einem Schuss Wodka runterspülen.
Kapitel 7
Donnerstag
* * *
»Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Frau Holmes? Sie sehen gar nicht gut aus.«
Die Frage hatte ich jetzt jedes Mal gehört, wenn die Glocke ertönte und eine neue Klasse hereinkam. Die Antwort war einfach. Nein, verdammt, es war nicht alles in Ordnung. In den ersten dreißig Jahren meines Lebens hatte ich mir nicht soviel Schaden zugefügt wie in den letzten fünf Tagen. Ich hatte mir einmal ein Bein gebrochen, als ich mich wie eine Zirkusartistin aufs Fahrrad stellen wollte, und ich hatte mir alle Finger der rechten Hand gebrochen, als sie in die zuschlagende Autotür geraten waren, aber diese Unfälle waren nichts im Vergleich mit den Schmerzen jetzt. Ich hatte meinen Kopf auf das Pult gelegt und das weiße Rauschen der Schülerstimmen lullte mich in den Schlaf. Jeder Lehrer hatte eine Klasse, die ihn soweit trieb, dass er sich am liebsten eigenhändig die Augen ausstechen würde.
Für mich war es diese Klasse.
Es war die siebte Stunde, die letzte Unterrichtsstunde an diesem Tag, und die Klasse war voller Sitzenbleiber, sportlicher Versager und Mädchen mit Blasen auf den Knien. Es war die Klasse, in der sich auf die Frage, wer Benjamin Franklin war, nur ein Junge gemeldet hatte, der sagte, Franklin sei der Typ auf dem Geldschein. Wahrscheinlich kannte sich der Kerl mit 100-Dollar-Scheinen aus, weil er schon zweimal dabei geschnappt wurde, als er im Vorratsraum des Hausmeisters Marihuana verkaufte.
Manchmal hatte ich das Gefühl, ich könnte als Lehrerin im Leben dieser Kinder wirklich etwas bewirken, aber meistens war es die Hölle. Sie waren alle größer als ich, hinterhältiger als ich, und jeder einzelne trug wahrscheinlich irgendeine Art Waffe in den Baggy Pants. Ich legte einen Film ein und drückte auf Start, aber ich wagte nicht, das Licht auszuschalten, weil ich die Teenagerschwangerschaftsrate nicht erhöhen wollte.
Ich überlegte ernsthaft, mich auf den Boden zu legen, um meine schmerzenden Muskeln zu strecken, aber ich wusste, dass ich nie wieder hätte aufstehen können. Mein Knie war auf Pampelmusengröße angeschwollen und bei dem Sturz vom Baum hatte ich mir die Rippen geprellt. Erfreulich war nur, dass die Beule an meinem Kopf zu einem schwachen Lila verblasst war. Zu allem Übel hatte der Knabenchor nebenan gerade begonnen, ein Grease-Medley für das Schulfest einzustudieren. Ich hörte Rose Maries Trällerstimme den Chor übertönen und konnte gerade noch ein Lachen unterdrücken, um meine geplagten Rippen zu schonen.
In den acht Jahren als Lehrerin hatte ich so ziemlich alles erlebt. Ich hatte Schüler erlebt, die sich durch meine Klassenstufe mogelten, mit Eltern zu tun gehabt, die für ihre Kinder einen Freifahrtsschein fürs Leben beanspruchten, gebrauchte Kondome auf dem Lehrerparkplatz gefunden und Schüler beim Marihuanarauchen auf dem Klo erwischt. Wenn ich jetzt einen Schüler finden könnte, der mir eine Schuss Whisky leihen würde, um den Rest des Tages zu überstehen, wäre mein Leben perfekt.
* * *
Ich hatte gerade meinen schmerzenden Body auf der Couch ausgestreckt, als es dreimal fest an der Tür klopfte.
»Herein«, krächzte ich. Ich hatte nicht die Absicht, meine Couch zu verlassen. »Sind Sie wahnsinnig? Sie können nicht einfach Ihre Tür offen stehen lassen, so dass jeder reinkommen und Sie umbringen kann. Es gibt nämlich Leute auf der Welt, die verrückter sind als Sie.« Der Anblick von Nick, der durch meine Wohnungstür kam, ließ mich meine Verletzungen sofort vergessen. Er trug eine alte Jeans mit Löchern, ein weißes T-Shirt und eine marineblaue Windjacke mit der knallgelben Aufschrift MORDKOMMISSION auf der Brusttasche. Die Pistole hing im Halfter an der Hüfte und er sah total lecker aus. Gott, was ein Bild von einem Mann. Meine Zunge wurde ganz dick und meine Glieder schwach, aber ich war aus anderem Holz geschnitzt, als dass ich mir von einem Mann wie Nick Dempsey vor Lust das Gehirn vernebeln ließ. Als ich mit Greg zusammen war, war mein Gehirn nie vor Lust vernebelt gewesen; vielmehr hatte er mich mit seiner Persönlichkeit und Intelligenz verführt. Ich hätte merken sollen, dass er mir Versicherungen verkaufen wollte, anstatt mich ins Bett zu bekommen, aber so was konnte jeder Frau passieren.
»Verdammt, Sie sind es. Ich hoffte, Jack the Ripper wäre gekommen, um mich aus meinem Elend zu erlösen. Sie haben nicht etwa Ihre Pistole dabei, oder doch?« »Natürlich habe ich meine Pistole«, sagte Nick, und sah mich an, als wolle er sagen, warum sollte ich sie nicht dabei haben, schließlich bin ich Polizist.
Dieser Typ nahm die Dinge einfach zu wörtlich. Ich brauchte jemanden mit Sinn für Humor. Nick eignete sich super als Werbung für Levi‘s Jeans, aber darauf konnte man keine Beziehung aufbauen.
»Schon gut«, sagte ich. »Warum tauchen Sie ständig in meinem Leben auf? Und nennen Sie mich nicht mehr verrückt. Ich bin ein ganz normaler Mensch. Ich hatte nur ein paar schwierige Tage.« »Ach ja? Jedes Mal, wenn ich Sie ansehe, kommt mir sofort das Wort ,normal‘ in den Sinn. Sie sehen schlimmer aus als gestern Abend. Und das will was heißen. Was ist Ihnen denn passiert?« Ich warf ihm den für ungehorsame Schüler vorgesehenen Blick zu und zuckte zusammen, als er sich auf das Ende der Couch setzte und meine Füße in seinen Schoß legte.
»Ich bin von einem Baum gefallen.«
Ich ignorierte seinen Lachanfall und schloss die Augen. Ich konnte es nicht ausstehen, wenn er lachte. Es veränderte völlig seine Persönlichkeit. Er wurde dann fast sympathisch. »Das würde erklären, warum Sie keine Hose an, dafür aber Gras im Haar hatten, als Sie gestern Abend in Ihr Auto stiegen.« »Ich hatte eine Hose an. Sie hatte nur ein großes Loch. Wissen Sie was? Es ist mir doch ganz egal, was Sie sagen. Ich bin glücklich. Ich bin ruhig. Ich bin—« »Sie sind verrückt.«
Ich warf ihm einen Blick zu, der einen Geringeren als ihn außer Gefecht gesetzt hätte, aber er lächelte mich einfach weiter an. »Ich kann Sie nicht ausstehen.«
»Gut, das zu wissen, denn wir beide werden viel Zeit miteinander verbringen. Ich brauche Ihre Hilfe.« »Was?« Ich setzte mich zu schnell auf und ein heftiger Muskelkrampf erfasste meinen Oberschenkel. »Mist, Scheiße, ich kann Sie nicht ausstehen. Nie geht etwas gut, wenn Sie in der Nähe sind.« »Ich dachte nicht, dass Sie die Neuigkeit so gut aufnehmen würden«, sagte Nick und massierte meinen verkrampften Muskel. Er bearbeitete ihn ein paar Minuten lang, bis ich erlöst wimmerte.
»Können Sie mich immer noch nicht ausstehen?« flüsterte er viel zu nah an meinem Ohr.
Einige Stellen meines Körpers heizten mit alarmierendem Tempo auf. Der Mann machte mich verrückt. Ich hätte ihn jedes Mal erwürgen können, wenn er den Mund aufmachte, aber sobald er mich berührte, wollte ich ihn nur noch vögeln.
»Ich wollte mich entschuldigen, dass ich Sie gestern Abend erschreckt habe.« Sein Atem brannte auf meiner Haut und ich erschauderte. Ich brauchte nur meinen Kopf leicht zu drehen und unsere Lippen würden sich berühren.
»Sie—wollten sich entschuldigen?«, fragte ich überrascht. Er kam mir nicht wie einer vor, der sich jemals für irgendetwas entschuldigt. Ich wurde sofort misstrauisch, aber vergaß es, als seine Lippen meinen Hals seitlich leicht streiften.
»Sehen Sie, wie leicht es für uns ist, zusammenzuarbeiten?«, fragte er verführerisch. »Ich meine, es könnte eine ziemlich lebensverändernde Erfahrung sein, meinen Sie nicht auch?« Mein Blick klärte sich, als mir bewusst wurde, vorauf er hinaus wollte. Nick hatte Hintergedanken. Dieser Mistkerl. Das Klopfen an der Tür ersparte es mir, Nick zu sagen, welche Art Erfahrung seine Eier gleich mit meinem Knie machen würden.
»Ah – die Rettung durch die sprichwörtliche Türklingel.« Nick rückte weg, aber behielt meine Füße auf seinem Schoß.
»Herein«, rief ich, before Nick aufstehen und selbst aufmachen konnte. Er verdrehte genervt die Augen und ich sah ihm genau zu, wie er die Hand an den Revolver an seiner Hüfte legte.
»Habe ich Euch gestört?«, fragte Kate, als sie Nick und mich in einer Stellung sah, die behaglicher aussah, als wir beide uns fühlten.
»Nein—«
»Ja—«
Ich sah Nick verachtungsvoll an und versuchte, von ihm wegzurutschen, aber mein Körper schaffte keine Bewegung und ich brachte nur ein Stöhnen heraus.
»Oje, du siehst grauenvoll aus«, sagte Kate.
»Dann sind sich ja alle einig«, sagte ich gereizt.
»Ich komme vorbei, um dir noch ein paar Fälle zu bringen und ich wollte schauen, ob du mit Gretchen Wilder Glück hattest. Morgen früh habe ich einen Termin mit Herrn Wilder.« »Die Kamera liegt neben der Akte auf dem Tisch«, sagte ich und genoss die beste Fußmassage meines Lebens.
»Wow, da konntest du ja einiges lernen«, sagte Kate, als sie die Bilder in der Kamera durchging. »Frau Wilder ist mein Idol.« »Ja, meins auch.«
»Und wie bist du an die Prellungen gekommen? Haben sie dich erwischt?«, fragte sie.
»Nee, ich bin vom Baum gefallen, als ich in das Schlafzimmerfenster schaute. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie lange sie es getrieben hatten und dann waren mir die Beine eingeschlafen.« »Ahh—noch einmal so jung sein«, sagte Kate. »Eis drauf und dann eine heiße Dusche. Ich würde fast sagen, du hast es extra gemacht, um dich heute Abend vor deinem Date zu drücken.« »Was für ein Date?«, fragte Nick.
»Oh Mist! Ich hatte das Date ganz vergessen. Schau mich an, Kate. Ich kann so nicht gehen. Ich kann ja kaum stehen.« Ich ließ meine Stimme noch ein bisschen weinerlicher klingen, damit sie es auch verstand.
»Du solltest das mal positiv sehen. Vielleicht funkt es zwischen euch beiden und du kannst den Abend im Bett verbringen.« »Genau, weil ich ja mit jedem Typen immer gleich bei der ersten Verabredung ins Bett gehe.« »Stimmt«, sagte Kate und schüttelte traurig den Kopf. »Du bist die reinste Nonne, wirklich vorbildlich.« Kate lud die Bilder auf ihren Computer und raffte die Akte zusammen. »Mach dich für sieben Uhr ausgehfertig, Addison. Wenn es sein muss, rufe ich deine Mutter an.« »Was habt ihr bloß heute alle gegen mich? Siehst du nicht, dass ich Schmerzen habe?« »Nimm was von dem Schmerzmittel, das dir der Zahnarzt nach dem Ziehen der Weisheitszähne gegeben hat. Du musst ja heute Abend nicht fahren.« »Toller Ratschlag, Kate«, sagte Nick. »Man sollte immer mit einem völlig Fremden ausgehen, wenn man halb betäubt ist. Und wenn er ein Sexualverbrecher ist?« »Gut, dann bleib eben zu Hause und bemitleide dich den ganzen Abend lang. Aber ich sage dir, du darfst dich von diesen Dingen nicht runterziehen lassen. Vielleicht versetzt du heute Abend deinen zukünftigen Ehemann.« Kate öffnete meine Haustür mit viel weniger Schwierigkeiten, als ich sie normalerweise hatte und schaute noch mal zurück.